TeamGeist Preis für die „Gastliche Herberge“ Stephanus-Haus entgegengenommen

Am Reformationstag haben wir uns mit einer Delegation unserer Kirchengemeinde auf den Weg nach Hamm gemacht: Meike Strathoff, Christine Fanter und Pfarrerin Sabine Sarpe waren aus dem Presbyterium vertreten, Kirsten Peters hat die vielen Ehrenamtlichen unserer Kirchengemeinde repräsentiert, Anna Kloppenburg unsere Jugendarbeit und unser Bürgermeister, Uwe Gockel, hat die gemeindeübergreifende Vernetzung in unserer Kommune wunderbar sichtbar gemacht. Leider konnte Najibe Abu Bakir Qadir aus Krankheitsgründen nicht wie geplant teilnehmen, um die Stimme für die Geflüchteten zu erheben. Denn genau für diese bunte Mischung, für die Gastlichkeit in unserer „Gastlichen Herberge“ im Stephanus-Haus sowie die Vernetzung mit vielen Einrichtungen und Gruppen unserer Kommune, sind wir ausgezeichnet worden mit dem ersten Preis des Innovationsfonds „TeamGeist“ unserer westfälischen Landeskirche. €125.000,00 werden uns zur Verfügung gestellt, um dieses Projekt des Miteinander Lebens und Vernetzens weiter auszubauen, zu verstetigen und auf nachhaltige Beine zu stellen. Es macht uns unglaublich stolz, dass unsere Kirchengemeinde diesen Preis gewonnen hat und wir freuen uns über die Wertschätzung, die nicht nur uns als Gemeinde, sondern auch den Menschen entgegengebracht wird, die bei uns ein und ausgehen. Hier sind die Kriterien, die der Entscheidung der Jury zugrunde liegen, die uns aus der Vielzahl der Bewerbungen ausgewählt haben:

TeamGeist bezeugt Gottes JA zur Welt und  eröffnet Gemeinschaft im Hören und Beten, im Feiern und Arbeiten. Dies geschieht in ökumenischer Weite.,

TeamGeist packt die Herausforderungen der Gegenwart an, sucht Gerechtigkeit und Frieden für die „Familie Mensch“ und setzt sich ein für die Bewahrung der Schöpfung.

TeamGeist zielt auf  „Konvivenz“, das Zusammenleben mit den Fremden als gegenseitiges Helfen, wechselseitiges Lernen und gemeinsames Feiern.

TeamGeist ist an der Wirksamkeit gemeinsamer Projekte interessiert und achtet religionssensibel auf die inneren Ressourcen von Menschen.

TeamGeist ist ein kreativer Weg hin zu neuen Gemeinschaften, welche die Ortsgemeinde als kirchliche Orte der Zukunft ergänzen.

Was war denn überhaupt unsere Idee, als wir uns beworben haben?

„Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag“ (Spr. 3,27) heißt für unsere Kirchengemeinde: „Wenn man ein Haus am richtigen Ort und zur richtigen Zeit hat, sollte man es auch dazu nutzen.“ Unsere Kirchengemeinde ist durch die Erfahrung von Flucht und Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg entstanden und ist solidarisch mit Geflüchteten.  Jeden Tag erreichen uns Hilferufe, weil die Not aus aller Welt hier ankommt. Geflüchtete brauchen Unterkunft, Schutz, Unterstützung und Barmherzigkeit. Das alles können wir in unserem Gemeindehaus mit einem ehemaligen Gästetrakt bieten. Geflüchtete aus der Ukraine finden bei uns Unterkunft und ein zu Hause auf Zeit. Außerdem ermöglichen wir Kirchenasyle. Es ist ein Privileg der Kirchen in Deutschland, im Einzelfall Menschen mit besonderer Schutzbedürftigkeit vor drohender Abschiebung in ein Dritt- oder Herkunftsland zu schützen, indem wir zu ihren Fürsprecher*innen werden ohne Ansehen der Person. Dafür steht das Kirchenasyl in einer Vereinbarung mit dem Staat.

Das Gemeindehaus beherbergt die offene Jugendarbeit (HoT), die Flüchtlingshilfe Borchen und den Sportverein SC Borchen. Mitten im Leben einer aktiven Gemeinde finden Geflüchtete hier eine Herberge, wo sie Wertschätzung, Schutz und Annahme erfahren können sowie Einbindung in ein soziales Netz, von dem sie selbst ein Teil werden. Dafür brennt unsere Kirchengemeinde: Anpacken, wo Hilfe gebraucht wird und die dazu notwendigen finanziellen Mittel einzuwerben. 

Und was brauchen wir dafür?

Unsere gastliche Herberge braucht eine Atmosphäre von Offenheit, Freundlichkeit und Wertschätzung. Gute Erfahrungen aus der Vergangenheit möchten wir verstetigen und transparent machen für die Zukunft. Wir brauchen einen klaren Blick darauf, welche individuellen Bedarfe unsere Gäste haben.  Welche Fragen haben sie? Welche Erfahrungen bringen sie mit? Welche Fähigkeiten besitzen sie? Welche Unterstützung brauchen sie?   Dazu brauchen wir Expert*innen und Beratungsangebote von außerhalb. Wir möchten auf unsere Kultur des interprofessionellen Ehrenamts zurückgreifen. Über die Angebote der Flüchtlingshilfe Borchen hinaus werden Sprach- und Integrationskurse angeboten. Das Inventar und Mobiliar aus den 70-er Jahren muss den heutigen Erfordernissen einer Willkommenskultur angepasst werden. Um unsere Ziele auf lange Sicht gestalten zu können und mehr Zeit für die Beziehung zu unseren Gästen zu haben, brauchen wir eine Professionalisierung der bürokratischen Prozesse.

Wie sieht das konkret aus?

Im ehemaligen Gästetrakt des Stephanus-Hauses finden sich 14 Zimmer und eine kleine Teeküche. Jeweils auf den Fluren befinden sich die Duschen und WCs zur gemeinsamen Nutzung. Diese Räume sollen den Geflüchteten als Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. Die ukrainischen Gäste können die Zimmer mieten und werden über das Jobcenter refinanziert, solange sie noch keine Arbeit haben. Im Haus haben sie die Möglichkeit, an Deutsch- und Integrationskursen teilzunehmen, so lange sie noch keinen Platz in einem offiziellen Kurs bekommen. Über die Flübo und die russisch sprechende Beratung bekommen sie Unterstützung bei den Behörden, Schulen, Ärzt*innen und weiteren Notwendigkeiten. Einige der Zimmer werden nicht vermietet, sondern für Kirchenasyle zur Verfügung gestellt. Dadurch werden Einzelpersonen oder Familien davor geschützt, entweder in ihr Heimatland oder das Ersteinreiseland deportiert zu werden, in dem ihnen möglicherweise eine menschenunwürdige Behandlung droht. Das gilt es im Kirchenasyl-Verfahren in enger Zusammenarbeit mit den Beratungsstellen und im Austausch mit den Behörden darzulegen. Es finden regelmäßige Veranstaltungen statt, bei denen sich Gäste, Gemeindeglieder sowie die Kooperationspartner im Sozialraum begegnen und austauschen können. Um das oben genannte Projekt zu verstetigen und Drittmittel einzuwerben,  soll Personal eingestellt werden. Außerdem wird die Einrichtung modernisiert und an die Erfordernisse angepasst.

Hier ist das Video, mit dem wir uns beworben haben.

Bildnachweis: Kathrin Bennemann

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